Konzept des Förderzentrums Wilhelmshaven für den Bereich Sprache

Zentrale Aufgabe ist die Rehabilitation von Kindern, die vorübergehend oder längerfristig in ihrer Sprach- und Sprechfähigkeit  beeinträchtigt sind.

Dabei verfolgen wir in der schulischen sprachheilpädagogischen Förderung folgende Ziele, als Voraussetzung für ein situationsangemessenes, erfolgreiches sprachliches Handeln:

  • Erweiterung der den Spracherwerb und Sprachgebrauch bedingenden Fähigkeiten, wie Sensorik, Motorik, Kognition,Emotion und Sozialkompetenz
  • Erweiterung der sprachlichen Fähigkeiten
  • Erweiterung der sozialen und kommunikativen Fähigkeiten
  • Aufarbeitung der psychosozialen Entwicklungsstörungen

Unterricht und Therapie

Wir bieten:

  • Kleingruppentherapie (3-5 Kinder)
  • Unterricht in kleineren Lerngruppen (10 -14 Kinder pro Klasse)
  • Unterricht ausschließlich durch Förderschullehrer
  • an den Sprachbehinderungen ausgerichtete Didaktik und Methodik
  • geringerer Steigerungsgrad des Lernstoffes, dafür mehr Lernphasen mit angemessenen Pausen
  • Isolierung von Schwierigkeiten in den Bereichen Kommunikation und Lerninhalt
  • individuelle Hilfsmöglichkeiten und zusätzliche Lernprogramme
  • reizarme Lernzonen
  • zeitliche und räumliche Freiräume zum Lernen
  • mehr Zeit zum Lernen
  • Unterricht nach Grundschulrichtlinien oder zieldifferente Beschulung

Therapieimmanenter Unterricht

Der Unterricht stellt in sich einen therapeutischen Inhalt dar.

So werden in jeder Deutschstunde kommunikative Förderung, Perzeptions- und Sprechübungen, individuelles Training bestimmter Fertigkeiten durchgeführt.

Erstleseunterricht und weiterführendes Lesen objektivieren die Sprache, machen bestimmte sprachliche Einheiten
(Laut - Graphem, Wort, Satz) bewusst und lassen sich zur individuellen Sprachtherapie nutzen (Übungen zur Hördifferenzierung, genaues Lautieren und Artikulieren, rhythmisch-syllabierendes Sprechen, sinngestaltendes Ausdruckssprechen, Simultansprechen und -lesen, Sätze legen usw.).

Auch die übrigen Fächer werden therapieimmanent gestaltet:

Die musischen Fächer bieten persönlichkeitsfördernde Entwicklungsimpulse, lassen aber auch die Integration von Kommunikations-, Konzentrations-, Ausdrucks und Sprechspielen zu.

An mathematischen Sachverhalten werden stabile, wiederkehrende logische Beziehungen erarbeitet werden, die zur Entwicklung logisch - syntaktischer Denk- und Sprechmuster beitragen.

Der Sachunterricht dient der Anbahnung neuer Erfahrungen, der Erweiterung des Wortschatzes und des Umweltverständnisses.

 

Kooperation

 

Durch die gemeinsame Unterbringung von Sprachheilschule und Grundschule in einem Gebäude ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Kooperation:

Gemeinsame Pausenzeiten und Mittagessen, ermöglichen ein Kennenlernen der Schülerinnen und Schüler untereinander und die kontinuierliche Anwendung sprachlicher Kompetenzen in Alltagssituationen. Gemeinsame Klassenfahrten, Schulveranstaltungen und Feste vertiefen dies.

Für nicht sprachlich dominierte Unterrichtsfächer wie z.B. Sport, Schwimmen und den musisch-künstlerischen Bereich gibt es die Möglichkeit zwischen Nachbarklassen zu kooperieren.

Arbeitsgemeinschaften können schulformunabhängig von allen Kindern genutzt werden.

Gemeinsame Unterrichtsprojekte von Nachbar- oder Patenklassen unterstützen nachhaltig die Entwicklung sozialer Kompetenzen.

Für einzelne Schülerinnen und Schüler ist auch der Besuch eines bestimmten Fachunterrichtes der Grundschule denkbar. Allerdings bleibt für den Einzelfall zu entscheiden, ob die individuellen Förderbedürfnisse den Verzicht auf den therapieimmanenten Unterricht zulassen.

Auf kollegialer Ebene wird gegenseitige Beratung, Unterstützung und Hospitation genutzt.

 

Zielgruppe

Für Wilhelmshavener Kinder bieten wir eine wohnortnahe Beschulung.

Als zuständige Schule für das Sprachheilinternat der Arbeiterwohlfahrt unterrichten wir Kinder aus ganz Niedersachsen. Diese Kinder haben auf Grund ihres intensiven Förderbedarfes Anspruch auf eine stationäre Reha-Maßnahme im Bereich Sprache.

 

Wir nehmen Schüler mit dem Unterstützungsbedarf Sprache und Sprechen auf, in den Förderbereichen:

 

Artikulation und Grammatik

  • Wortschatz und Begriffe
  • Redefluss
  • kommunikative Kompetenz
  • auditive Verarbeitung und Wahrnehmung, phonologische Bewusstheit
  • rhythmisch - musikalische Basisfähigkeiten und deren Entwicklung
  • motorische Entwicklung

 

 

Störungen des Sprechens und der Sprache


Folgende Störungen des Sprechens und der Sprache treten einzeln oder zumeist in Kombination auf:
  • Sprachentwicklungsverzögerung
  • Sprachentwicklungsstörung
  • Dysgrammatismus
  • Störung der Aussprache
  • Störung des Wortschatzaufbaus und -abrufs
  • Störung der Begriffsentwicklung
  • Störung des Spracherwerbs
  • auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)
  • Störung der Redefähigkeit (Logophobie, Mutismus)
  • Störung des Redeflusses (Stottern, Poltern)
  • Stimmstörung 

Durch zahlreiche und vielfältig gestaltete Sprechanlässe lernen sie

  • -       mit Freude zu sprechen
  • -       ihre Bedürfnisse und Erlebnisse zu äußern
  • -       ihre Aufmerksamkeit auf die Sprache zu lenken
  • -       anderen im Gespräch zuzuhören
  • -       Gesprächsregeln einzuhalten
  • -       ohne Angst zu sprechen.

Häufig sind die sprachlichen Entwicklungsrückstände gekoppelt mit Einschränkungen in den Wahrnehmungsbereichen (v.a. in der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung) sowie einem umfänglichen motorischen Förderbedarf und einem erhöhten Bewegungsdrang.  Als Folge des Förderbedarfes Sprache und Sprechen haben viele Schülerinnen und Schüler zusätzliche Schwierigkeiten

  • im sozialen und emotionalen Bereich
  • bei der Handlungsplanung
  • in der Selbstständigkeit
  • im Umwelterleben

 

Aufnahmeverfahren und Beschulung

...für Wilhelmshavener Kinder:

Gibt die Einschulungsuntersuchung einen Hinweis auf den Förderbedarf Sprache, nimmt die zuständige Grundschule Kontakt zu den Erziehungsberechtigten auf. Auch die Erziehungsberechtigten haben die Möglichkeit von sich aus diesen Kontakt zu suchen. In diesem Erstgespräch wird geklärt, ob sie sich für ihr Kind die Beschulung in einer Sprachheilklasse vorstellen können.

Wird dies von den Erziehungsberechtigten gewünscht, wird die Zuständigkeit an die Förderschule übergeben, das Verfahren zur Überprüfung auf sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf eingeleitet und durchgeführt. Dabei ist vor allem das Ausmaß der Sprachstörung Gegenstand der Überprüfung.

Nach Gutachtenerstellung ist die Aufgabe der Förderkommission die umfassende Beratung der Erziehungsberechtigten zu benötigten Fördermaßnahmen und möglichen Förderorten. Nach der Verfügung durch die Landesschulbehörde über das Vorliegen des Förderbedarfes entscheiden die Erziehungsberechtigten über den zukünftigen Schulort ihres Kindes.

An unserer Schule werden diese Kinder von dafür ausgebildeten Förderschullehrerinnen und -lehrern unterrichtet und erhalten zusätzliche Sprachtherapie, um in 3 Jahren die Lerninhalte und Ziele der ersten 2 Grundschuljahrgänge zu erarbeiten. Dabei verstehen wir uns als Durchgangsschule, denn spätestens nach dem dritten Schulbesuchsjahr werden diese Kinder in die dritte Klasse der zuständigen Grundschule umgeschult.

 

...für Kinder aus Niedersachsen und Bremen:

Nach Begutachtung des Kindes durch den Fachberater für Sprache über das Gesundheitsamt und entsprechendem Antragsverfahren für die Bewilligung der Reha-Maßnahme im Bereich Sprache erfolgt die Aufnahme in das Sprachheilinternat der Arbeiterwohlfahrt. Diese Kinder werden ihren individuellen Beschulungsnotwendigkeiten entsprechend in maximal fünf jahrgangsheterogenen Klassen an dem Förderzentrum Wilhelmshaven als der zuständigen Schule beschult. So kommen Kinder aus ganz Niedersachsen und Bremen aus den Klassen 1-5 (im Einzelfall auch darüber hinaus) an das Förderzentrum. Die Dauer der Reha-Maßnahme liegt zwischen einem und zwei Jahren, wodurch sich die Schülerschaft der Internatsklassen zu jedem Halbjahr verändert.